Cover
Titel
Peter von Zittau. Abt, Diplomat und Chronist der Luxemburger


Autor(en)
Marani-Moravová, Běla
Reihe
Vorträge und Forschungen. Sonderbände 60
Erschienen
Ostfildern 2019: Jan Thorbecke Verlag
Anzahl Seiten
629 S.
Preis
€ 79,00
von
Hans-Joachim Schmidt, Département d'histoire médiévale et moderne et sciences auxiliaires de l'histoire, Université de Fribourg

Eine umfassende, gründliche, thematisch breit abgestützte sowie Vergleiche ermöglichende und sie vornehmende Monographie zu dem spätmittelalterlichen Chronisten Peter von Zittau liegt vor. Das Buch ist aus einer an der Universität Bern eingereichten Dissertation hervorgegangen. Es stellt sowohl die Biographie von Peter von Zittau als auch dessen historiographisches Werk, die Fortsetzung der Chronik von Königsaal, vor. Peter trat in das gleichnamige Zisterzienserkloster ein, wurde dort Abt und war diesem Kloster bis zu seinem Tod 1339 oder 1340 verbunden. Das grosse Verdienst der vorliegen den Untersuchung besteht in der Verknüpfung von Autor und Werk.

Die Chronik gehört zu den bedeutendsten, am besten informierenden sowie verlässlichsten historiographischen Quellen des späten Mittelalters zur Geschichte Deutschlands, Böhmens, des Zisterzienserordens und teilweise auch Italiens. Ein Schwerpunkt der Chronik, den die bisherige Forschung zur politischen Ereignisgeschichte ausgiebig auswertete, liegt in der Geschichte der römisch-deutschen Könige, bzw. Kaiser und der Könige von Böhmen. Eines der Verdienste der vorliegenden Untersuchung ist die Erfassung auch der Geschichte von adeligen Familien und von Städten, die Peter von Zittau in seine Darstellung einbezog und nun in der vorliegenden Monographie untersucht werden. Die Informationsquellen und zeitgenössischen Informanten der Chronik werden präzise vorgestellt, und auf dieser Basis wird die historische Zuverlässigkeit abgewogen. In Übereinstimmung mit der bisherigen Forschung wird diese als gross bewertet. Zur Zuverlässigkeit trägt in grossem Ausmass die persönliche Beteiligung Peters an der Ausübung der Königsherrschaft – in Böhmen, Deutschland und Italien – bei. Er hielt sich oft im Umkreis der Herrscher, insbesondere von Kaiser Heinrich VII. und von König Johann von Böhmen, auf, war mit diplomatischen Missionen betraut, erfüllte liturgische und seelsorgerische Tätigkeiten an den Höfen, wie er seine Pflichten als Zisterzienserabt ausführte, mehrmals an den Generalkapiteln in Cîteaux teilnahm und von dort aus weitere Reisen in Nordfrankreich unternahm. Visitationsreisen zur Kontrolle von anderen Zisterzienserklöstern fanden wegen des Fehlens von Tochtergründungen von Königsaal nicht statt. Die enge Verbindung zum Hof von Kaiser Heinrich VII. und König Johann von Böhmen bildete die Voraussetzung, dass Peter zahlreiche Urkunden in seiner Chronik inserierte, wie er auch – in üblicher Manier mittelalterlicher Geschichtsschreibung – wörtliche Reden der beteiligten Personen einfliessen liess.

Die Darstellung der Monographie ist systematisch, behandelt die unterschiedlichen sozialen Milieus sowie die politischen Herrschaften als auch die einzelnen Herrscher, und formuliert paraphrasierend die Aussagen der Chronik Peters. Dies mag als wenig anspruchsvoll erscheinen, aber die Rekonstruktion von Wissensgrundlagen und vom Wissensaustausch, von denen Peter von Zittau profitierte, rechtfertigen den bedeutenden Aufwand, der in diesem Buch geleistet wird, um die Informationen, die Peter zusammenstellt und mitteilt, zunächst wiederzugeben und dann zu bewerten. Was das Buch anstrebt, ist das «Weltbild» Peters sowie dessen «Wahrnehmung» vorzustellen und zu untersuchen, wobei diese Ziele anhand von moralischen Bewertungen, die Peter von Zittau vornimmt, angestrebt werden und gleichfalls in eine meist paraphrasierende Stellungnahme münden, was den Anforderungen einer modernen Kulturgeschichtsschreibung nur teilweise entspricht, welche die soziale Vernetzung von Wahrnehmungsweisen und die Verfahren bewertender Erörterungen und die Rezeption von Texten und Vorstellungen analysiert. Rezeptionsgeschichte fehlt hingegen. Aber die persönlichen Meinungen und Einstellungen Peters werden durch die Analyse deutlich: etwa seine Loyalität zum Königreich Böhmen sowie seinen Königen und dies über sprachliche Gegensätze von Deutsch und Tschechisch hinweg. Die Verfahrensweisen politischer Herrschaft (Wahl des römischen Königs durch die Kurfürsten, deren Mitwirkung an der Reichsherrschaft, Rangstreitigkeiten und andere Themen), die Peter genau darstellt, fliessen auch in die Darstellung der Monographie ein. Wichtig ist der Vergleich mit zeitgenössischen Geschichtsschreibern, insbesondere mit Johann Viktring, wobei die unterschiedlichen und auch konkurrierenden politischen Loyalitäten und Optionen vorgestellt werden.

Verdienstvoll ist die sehr gute Erfassung der bisherigen Forschung – auch die in tschechischer Sprache – und die genaue Kontrastierung der eigenen Forschungsleistung. Sie ist bedeutend, denn mit diesem Buch wird erstmals eine umfassende Analyse des Lebens und des Werkes von Peter von Zittau vorgenommen. Das Buch kann als ein Referenzwerk zu einem der bedeutendsten Geschichtsschreiber des späten Mittelalters angesehen werden.

Zitierweise:
Schmidt, Hans-Joachim: Rezension zu: Marani-Moravová, Běla: Peter von Zittau. Abt, Diplomat und Chronist der Luxemburger, Ostfildern 2019. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 70 (2), 2020, S. 309-310. Online: <https://doi.org/ 10.24894/2296-6013.00063>.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 70 (2), 2020, S. 309-310. Online: <https://doi.org/ 10.24894/2296-6013.00063>.

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